Programm

DIENSTAG 20.09.2022

VITA: Michael Fuchs (Leipzig)

  • Prof. Dr. med. habil., Facharzt für HNO-Heilkunde und Facharzt für Phoniatrie und Pädaudiologie
  • Leiter der Sektion Phoniatrie und Audiologie und des Cochlea-Implantat-Zentrums am Universitätsklinikum Leipzig
  • Studium der Humanmedizin an der Universität Leipzig, Studienaufenthalte in Berlin (Charité) und Wien (AKH)
  • Privates Gesangsstudium bei KS Christa Maria Ziese
  • Promotion und Habilitation zur Entwicklung der Kinder- und Jugendstimme
  • Mitglied des Vorstandes der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie, des Collegium Medicorum Theatri, der Voice Foundation und des Beirates des Arbeitskreises Musik in der Jugend
  • in der Jugend Mitglied des Thomanerchores Leipzig, nunmehr Präsident des Förderkreises Thomanerchor Leipzig

ABSTRACT: Stimmstörungen in (sprech-)stimmkünstlerischen Berufen aus phoniatrischer Sicht

Patienten und Patientinnen aus sprech- und singstimmkünstlerischen Berufen stellen immer eine besondere Herausforderung in der phoniatrischen Sprechstunde dar.

Die menschliche Stimme ist das Resultat komplizierter Schwingungsbewegungen der Stimmlippen im Kehlkopf, die sowohl funktionell-technisch als auch psychisch-emotionell und/oder organisch beeinflusst sein können. Davon sind in erster Linie professionelle Stimmbenutzer:innen betroffen, die einerseits einem besonders hohen Risiko einer beruflich bedingten phonationsassoziierten Stimmlippenpathologie unterliegen und andererseits auf eine perfekte Stimmqualität und Stimmleistungsfähigkeit zur Erfüllung ihrer beruflichen Verpflichtungen angewiesen sind. Bei der diagnostischen Untersuchung von Stimmproblemen und der Therapieentscheidung gilt es stets die verschiedenen berufsspezifischen und individuellen Ursachen der Stimmstörungsproblematik zu identifizieren und darauf basierend individuelle und berufsspezifische Therapievorschläge zu unterbreiten.

Die Therapie von Stimmstörungen sieht zum einen eine sog. konservative Therapie vor, die die Reduktion bzw. Anpassung der stimmlichen Belastung, die Optimierung von Sprech- und Gesangstechniken und die Optimierung raumakustische und klimatischer Bedingungen beinhaltet. In manchen Fällen muss jedoch eine phonochirurgische Intervention erwogen werden. Die Phonochirurgie sollte dabei nicht als Risiko, sondern als Chance für die Patient:innen angesehen werden. Anhand ausgewählter Kasuistiken sollen phoniatrische Therapieentscheidungen und phonochirurgische Überlegungen bei sprechintensiven bzw. sprechkünstlerischen Berufen vorgestellt und erläutert werden.

VITA: Julia Kiesler (Bern)

  • Dr. phil., Dozentin für das Fach Sprechen im Studienbereich Theater der Hochschule der Künste Bern, Dipl. Sprechwissenschaftlerin
  • Studium der Sprechwissenschaft an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
  • 2002-2005 Sprecherzieherin an der Hochschule für Musik und Theater "Felix Mendelssohn-Bartholdy" Leipzig sowie wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Sprechwissenschaft und Phonetik der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
  • 2012 bis 2017 Forschungsdozentin an der HKB, Leitung des Forschungsprojekts "Methoden der sprechkünstlerischen Probenarbeit im zeitgenössischen deutschsprachigen Theater"
  • künstlerisch als Sprecherin aktiv, u. a. mit dem Berner Symphonieorchester

ABSTRACT: Der performative Umgang mit dem Text

Das zeitgenössische Theater bringt Umgangsformen mit Texten und gesprochener Sprache hervor, die eine veränderte Perspektive auf Prozesse des Darstellens und Sprechens auf der Bühne werfen. Anhand von Beispielen aus ihren Probenprozessuntersuchungen stellt Julia Kiesler verschiedene Ansätze der Textarbeit vor und ordnet sie einer performativen Spielpraxis zu, die von Schauspielerinnen und Schauspielern bestimmte Fähigkeiten verlangt. Basierend auf ihren Erkenntnissen werden Perspektiven für die Ausbildung von Schauspiel- und Sprechwissenschaftsstudierenden zur Diskussion gestellt.

Kaffeepause in der Cafeteria Burse zur Tulpe (nebenan)

VITA: Anja Klöck (Leipzig)

  • Prof. Dr. phil. habil., Professorin für Schauspiel am Schauspielinstitut "Hans Otto" der Hochschule für Musik und Theater "Felix Mendelssohn-Bartholdy" Leipzig
  • Theaterstudium mit Regieausbildung an der University of Kent at Canterbury (U.K.)
  • Promotionsstudium in Theatertheorie und –geschichte am Department of Theatre Arts and Dance der University of Minnesota, Twin Cities (USA)
  • 2000 Promotion in Minneapolis über Theaterkünstlerinnen im Italienischen Futurismus
  • Theaterarbeit in den Bereichen Regie, Schauspiel, Performance, Dramaturgie
  • WS 2007/08 Gastprofessur am Institut für Theater-, Film- und Medienwissenschaft der Universität Wien
  • seit 2006 Leitung des Forschungsprojekts "Systemische Körper? Kulturelle und politische Konstruktionen des Schauspielers in schauspielmethodischen Programmen Deutschlands 1945-1989" (gefördert von der Deutschen Forschungsgemeinschaft)
  • Forschung und Publikationen zur Schauspielausbildung in Deutschland 1945-1989, Theater und Kalter Krieg, Schauspiel-, Darstellungs- und Medientheorien seit der frühen Neuzeit, zur historischen Avantgarde, zu Theater und Politik und zum Gegenwartstheater

ABSTRACT: Gestisches Sprechen historisieren

Der Beitrag versucht eine Historisierung von "Gestischem Sprechen" und "Gestischem Prinzip", Konzepte die während der deutsch-deutschen Teilung im Feld der Schauspielausbildung entwickelt wurden. In der DDR vertraten Herbert Minnich und Klaus Klawitter seit den 1970er Jahren das "Gestische Sprechen" als Methode und bezogen sich dabei auf den Gestus-Begriff von Bertolt Brecht aus den 1950er Jahren. In Westdeutschland begann Hans Martin Ritter ebenfalls in den 1970er Jahren seine Arbeit am "gestischen Prinzip" und bezog sich dabei gleichfalls auf Brecht. In einem ersten Schritt verortet der Beitrag diese fast zeitgleiche Zuwendung zu Brechts Gestus-Begriff im Ost-West-Konflikt der unmittelbaren Nachkriegsjahre, der Situation der deutschen Teilung und der widersprüchlichen Brechtrezeption in beiden deutschen Staaten. In einem zweiten Schritt fokussiert der Beitrag die jeweiligen Gestus-Begriffe: wann sie von Brecht wo formuliert wurden und wie sie schließlich im Feld der Schauspielausbildung in den 1970er Jahren auftauchen. Leitfrage dabei ist, wie sich im Rahmen dieser verschiedenen, jeweils in konkreten politischen Momenten situierten Bearbeitungen die Bedeutungsgefüge von Gestus und Verfremdung ändern und ob und wie diese Veränderungen in der gegenwärtigen Schauspielausbildung fortwirken könnten.

VITA: Jurij Vasiljev (St. Petersburg) - www.jurijvasiljev.com

  • Professor für Bühnensprechen an der Staatlichen Akademie der Bühnenkünste St. Petersburg
  • Ordentliches Mitglied der Petersburger Akademie der Wissenschaften und Künste
  • Schauspielstudium an der Staatlichen Hochschule für Theater, Musik und Kinematographie in Leningrad; Schauspieler im A. S. Puschkin-Schauspielhaus in Pskow
  • Promotion im Fach Phonetik, Bühnensprechen und Rezitation
  • seit 1976 Lehrtätigkeit im Fach "Bühnensprechen", daneben Schauspieler an Theatern in Petersburg
  • Regiearbeit bei über 70 Inszenierungen in Russland, Europa und Asien
  • seit 1989 Workshops und Meisterklassen an Schauspielschulen und Universitäten bspw. in Zürich, Wien, Leipzig, München, Hamburg, New York, Helsinki, Stuttgart, Shanghaj, Berlin, Sofia und Prag
  • Autor von Lehrbüchern und zahlreiche Artikel, die in Russland, Deutschland, in der Schweiz und in China erschienen sind

ABSTRACT: Das Element der "Theatralität" im Beruf des Sprecherziehers

In Vergangenheit und Gegenwart standen und stehen die Aspekte von Text und Phonetik im Bereich der Lehre des Bühnensprechens und der Sprecherziehung im Vordergrund. Alles was theatralisch scheint, wird im besten Fall ignoriert, meist sogar als überflüssig abgelehnt. Im gesamten Lehrprozess geht es v. a. um logisch-grammatische Regeln, Intonationsklischees und die Dynamik der Artikulation. Unter Ausdruckskraft der Stimme versteht man die Reinheit der Aussprache, melodische Übergänge in der Stimme und Wechsel im Tempobereich. Bei diesem Ansatz bleibt die Nutzung verschiedenartiger Empfindungen, der Beweglichkeit der Imagination und ihrer assoziativen Seite, die Nutzung des emotionalen Gedächtnisses des Menschen und der Expressivität des szenischen Dialoges für die Anreicherung und Fülle der Stimme unberücksichtigt. Damit solche Lehrdisziplinen wie Szenisches Sprechen oder Sprechpädagogik spürbaren Nutzen in der Erziehung der Technik und Ausdrucksfähigkeit der Sprech- und Bühnenkunst bringen, müssen die Prozesse des Stimm- und Sprech-Trainings, des Atemtrainings und des temporhythmischen Trainings in unzählig vielen Fäden gerade mit der Theatralität zusammenlaufen und mit ihr verbunden sein. Theatralität ist nicht nur wertvoll wegen ihrer Fähigkeit Text zu sprechen, sondern durch ihre sensorische Aktivierung der stimmlich-sprecherischen Funktionen des Organismus, durch ihren Dialog des Agierens auf der Bühne, durch ihre stimmliche Handlungskraft, durch ihre Semantik und Asemantik der Bewegung des Körpers und des Sprechens und durch ihre eigene Variabilität des szenischen Handelns. Diese Seiten der Theatralität werden im Vortrag betrachtet.

ЭЛЕМЕНТ "ТЕАТРАЛЬНОСТИ" В ИСКУССТВЕ РЕЧЕВОГО ПЕДАГОГА

Как в давние, так и в нынешние времена текстовой аспект и аспект фонетический преобладают в практических приемах обучения сценической речи и речевой педагогике. Все, что касается театральности, в лучшем случае, не учитывается, а чаще всего отвергается за ненадобностью. Весь процесс обучения сводится к запоминанию логико-грамматических правил, интонационных клише и к артикуляционному динамизму. Под выразительностью речи понимается только чистота произношения, мелодические переходы в голосе, перемены в темповом диапазоне. Все это никак не сопрягается с насыщенность и разнообразием ощущений, с подвижностью воображения и его ассоциативной стороной, с эмоциональной памятью человека и с экспрессией сценического диалога. Для того, что бы такие учебные дисциплины, как «сценическая речь» и «речевая педагогика» приносили ощутимую пользу в воспитании техники и выразительности речевого сценического искусства, весь процесс голосо-речевой, дыхательной, темпоритмической тренировки должен быть бесчисленными нитями связан с театральностью. Театральность ценна не умениями выговаривать текст, а с сенсорной активизацией голосо-речевых функций организма, с диалогичностью сценического поведения, с голосовой действенностью, с семантикой и асемантикой движений тела и речи, с вариативностью сценического поведения. Эти стороны театральности и рассматриваются в докладе.

Mittagspause in der Cafeteria Burse zur Tulpe (für angemeldete Teilnehmer*innen) bzw. zur freien Verfügung, Restaurants siehe "VOR ORT"

VITA: Heidi Puffer (Frankfurt a.M.)

  • Sprecherzieherin an der Folkwang Universität der Künste, Abteilung Schauspiel in Bochum seit 2006
  • Gastdozentin für Schauspielstudierende an der Kadir Has Universität in Istanbul seit 2015
  • autorisierte Linklater Stimmtrainerin seit 2003
  • Autorin des Arbeitsbuches „ABC des Sprechens“, Henschel Verlag 2010
  • Ausbilderin von Linklater Stimmtrainer*innen
  • Vorstand des Berufsverbandes Deutschsprachiger Linklater Stimmtrainer*innen
  • Studium der Sprecherziehung bei Hellmut Geißner
  • Studium der Diplom-Pädagogik

ABSTRACT WS_01: VOLLER STIMME - Einführung in die Linklater-Methode

Kristin Linklater entwickelte ihre Methode um Stimmen zu befreien und einen Weg zu finden, der der Freiheit des menschlichen Ausdrucks dient. Einen Weg, der eine transparente, enthüllende Stimme hervorbringt, eine Stimme, die die Person, nicht ihre Stimme hören lässt. Dabei galt Linklaters Interesse „...eher der Beseitigung von Störfaktoren, die das menschliche Instrument behindern als dem Bau einer kunstvollen Klaviatur, - ohne letzteren ganz auszuklammern“. (aus „Meisterwerk Stimme“, K. Linklater)

Im Workshop führe ich durch die bekanntermaßen sehr kleinschrittige und detaillierte Übungsfolge, die diese Störfaktoren beseitigen soll.
Die ersten Kapitel werden wir zügig durchlaufen, Körper, Atmung und Stimme kräftig aktivieren und stimulieren, hemmende Körpermuster minimieren, Impulse anregen und freisetzen. Länger aufhalten möchte ich mich am Stimmkanal und den Resonanzräumen, denn diese Übungen scheinen mir besonders in der allgemeinen Stimmarbeit. Wir suchen Weite und Entspannung im Kehl- und Nackenbereich, wir lösen Spannungen in der  Kiefermuskulatur, in Zunge und Gaumensegel und probieren jeweils gleich aus, wie Stimme und Ausdruck davon profitieren. Denn jeder Schritt verbindet die rein technisch anatomische Arbeit mit bildreichen und persönlichen Vorstellungen. Bestenfalls ist daraufhin der Weg zu den Resonanzräumen bereitet. Mich faszinieren besonders die oberen, in unserer Kultur seltener genutzten Räume. Sie vermögen gleichermaßen die Detailliertheit der Gedanken, Kraft und Sensibilität auszudrücken.

VITA: Christiane Höfler (Leipzig)

  • Professorin für Sprechen am Schauspielinstitut "Hans Otto" der Hochschule für Musik und Theater "Felix Mendelssohn-Bartholdy" Leipzig, Sprechwissenschaftlerin, Schauspielerin
  • Schauspielausbildung an der Neuen Münchner Schauspielschule Ali Wunsch-König
  • 1998-2008 Schauspielerin am Südthüringischen Staatstheater Meiningen, den freienkammerspielen/Schauspiel Magdeburg und dem Staatstheater Cottbus
  • mehrmals als beste Nachwuchsschauspielerin im Jahrbuch „Theater heute“ nominiert
  • Studium der Sprechwissenschaft (Bachelor of Arts) an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
  • Workshops zu Stimme, Sprechen und Textlernen

ABSTRACT WS_02: TEXTLERNEN aus- und inwendig

Das Inwendig- und damit auch Auswendiglernen eines Textes hat großen Einfluss darauf, wie er in Probenarbeit und künstlerischer Präsentation neu gedacht reproduziert werden kann. Der Text sollte dann in jeglichem situativen Kontext veränderbar als persönliche Äußerung wiedergegeben werden können. Gleichzeitig muss er dialogisch wie monologisch frei kommuniziert werden. Wie kann ich ihn so lernen, dass er mir für diese komplexen Anforderungen in seiner gesamten gedanklichen und emotionalen Tiefe zur Verfügung steht? Wie kann ich einer Festlegung von Intonations- und Akzentuierungsmustern, Rhythmus, Haltungen und Gestus während des Lernens entgegenwirken? Nach einer kurzen theoretischen Einführung beschäftigt sich jede/r Teilnehmende lernend mit der Verinnerlichung eines ihm bis dahin unbekannten Textes. Übungen mit Fokus auf unterschiedlichen körperlichen, emotionalen und mentalen Vorgängen werden vorgestellt und ausprobiert. Sie führen von der ersten Annäherung an den Text über das Berühren von Emotionen, die assoziative Anreicherung und das Training von Geläufigkeit und Rhythmusvariabilität hin zu Übungen mit Zielrichtung Monolog bzw. Dialog. Zunächst fremde Gedanken werden dabei in Körper, Emotionen und Assoziationen des Übenden verankert. In der anschließenden sprecherischen Äußerung wird dies in Stimmklang und Sprechausdruck abgebildet; die fremden Gedanken werden als persönliche hörbar.

"[...]das Sprechen von Literatur ist eben keine Rede über Literatur." (Lämke 2004, 184)

"Worte maskieren, was sie enthüllen möchten." (Ritter 2003, 299)

"[...] so, wie die Einfühlung in eine Figur die Darstellung verarmt, so kommt es zur Verarmung, zur emotionalen Austrocknung einer Figur, wenn sie ein Produkt allein des Intellekts ist." (Ebert 1991, 94)

Wer aktiv am Workshop teilnimmt, komme bitte in bewegungsfreudiger Kleidung.

VITA: Marc Aisenbrey (Hamburg)

  • Professor für Sprechbildung an die Hochschule für Musik und Theater Hamburg
  • Studium Sprecherziehung und Gesang an der Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Stuttgart
  • Lehrtätigkeit als Stimm- und Sprechlehrer an HMDK Stuttgart, Mozarteum Salzburg, Folkwang Bochum
  • 2012 Hamburger Lehrpreis
  • Unterricht an der Theaterakademie Hamburg im Fach Chorisches Sprechen für Schauspiel- und Regiestudierende
  • Erarbeitung von Sprechchören an verschiedenen Theatern (z. B. Thalia Theater Hamburg)

ABSTRACT WS_03: Sprech-Chöre der Theaterliteratur – Herangehensweisen

Der Sprechchor stellt verschiedenste sprecherische Anforderungen an die "Choreuten". Viele davon sind musikalischer Natur. Um Synchronizität (und somit Verständlichkeit) zu gewährleisten, müssen Verabredungen getroffen werden: gemeinsame Zäsuren, Tempi, Melodie-Verläufe sowie dynamische Entscheidungen. Der genaue Umgang mit diesen sprecherischen Mitteln ist anspruchsvoll, schult andererseits aber Gehör und Sprechweise.

Eine weitere Anforderung besteht (wie bei jedem Chor) darin, sich gemeinsam in den Dienst eines Textes (der Komposition) zu stellen, ohne jedoch die eigene Stimme komplett ans Kollektiv abzugeben. Ein Chor ist immer so stark wie die Summe seiner TeilnehmerInnen. Es ist ein spannender Vorgang, sich gleichermaßen den Verabredungen "unterzuordnen" und dabei doch Haltung zu beziehen; eine Gratwanderung zwischen Zuhören und dem dennoch eigenständigen Erheben der eigenen Stimme. Im Grunde sollte also der Chortext auch von Einzelnen gesprochen funktionieren.

Die Verabredungen können unterschiedlich streng getroffen werden. Am offensten ist die "kakophonische" Anlage: ohne Verabredung, außer vielleicht einer gemeinsamen Haltung, sprechen alle durcheinander (Volk, Menge). Deutlich strenger ist die oben beschriebene Herangehensweise. Am strengsten ist ein konsequent durch-rhythmisierter Chor: hierbei wird ein Metrum zugrunde gelegt (beliebt ist das Metronom als Taktgeber) und der Chortext synchron und genau rhythmisiert darüber gesprochen.

Nicht jeder Chortext eignet sich für das strenge Rhythmisieren. Im Workshop soll genau dieser Vorgang aber im Vordergrund stehen.

Chortexte von: Sophokles - Antigone // Aischylos - Orestie // Frisch - Biedermann und die Brandstifter // Jelinek - Sportstück

VITA: Katharina Jankula (Berlin)

  • seit 2014 u.a. Lehre an der Hochschule für Schauspielkunst "Ernst Busch" Berlin an den Abteilungen Schauspiel, Regie/Dramaturgie und Puppenspiel und an der Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf
  • seit 2008 Lehrende der Talmi-Methode®
  • seit 1994 Lehre in den Bereichen Tanz, Bewegung, Körperbewusstsein, Choreographie und Performance und in Kunstgenre übergreifenden Kontexten
  • Studium Musik- und Tanzpädagogik an der Universität für Musik und Darstellende Kunst Mozarteum Salzburg (Bachelor und Master of Arts)
  • Studien an der University of California Los Angeles, Department of World Arts and Cultures
  • Tanzausbildung im Modernen und Zeitgenössischen Tanz am Tanzzentrum Salzburg Experimental Academy of Dance und in New Yorks freier Tanzszene

ABSTRACT WS_04: IM DIALOG MIT DEM KÖRPER. Körperbewusstseinstraining nach Alon Talmi. Eine Einführung

Der Ansatz meines Körperbewusstseinstrainings findet seine Basis in meiner langjährigen und intensiven Auseinandersetzung mit Körper, Bewegung, Tanz, Musik, Darstellender Kunstund Bühnenpräsenz. In verschiedenen Körperarbeitsmethoden und im Speziellen in den von Alon Talmi (1914 – 2001) entwickelten Berührungslektionen konnte ich wertvolle Grundlagen zur Entwicklung meines Körperbewusstseinstrainings finden, das darauf abzielt, Menschen wieder mehr die Türen zu ihrem individuellen authentischen Ausdruck zu öffnen.

Im Rahmen meiner Arbeit, speziell mit Sänger*innen, Sprecher*innen, Sprecherzieher*innen und Schauspieler*innen, hat sich mir immer deutlicher gezeigt, welch enormes Entfaltungspotenzial in diesem körperlich-dialogischen Austausch im Hinblick auf Atmung, Resonanz und Stimme steckt und welch nachhaltig positive Wirkungen erzielt werden.

Der Workshop bietet aktiven Teilnehmer*innen die Möglichkeit, sich unter meiner Anleitung sowohl in der Rolle des/der Behandler*in, als auch in der des/der Behandelten zu erleben. Dieser wertvolle, unmittelbar aufeinanderfolgende Perspektivenwechsel schärft über die eigene Erfahrung hinausgehend die Intuition und Empathie für den/die Dialogpartner*in. Mit Klarheit und Achtsamkeit ausgeführt, entfalten selbst einfache Handgriffe eine erstaunlich positive und ausgleichende Wirkung auf körperliche Grundspannung, Durchlässigkeit, allgemeine Präsenz und die bewusstere Wahrnehmung von individuellen inneren Zusammenhängen. Dabei sollen einige der übertragbaren Prinzipen des Arbeitsansatzes deutlich werden.

Die beobachtenden Teilnehmer*innen haben die Gelegenheit, Zeug*innen des Geschehens zu sein und ihre Wahrnehmungen ihrerseits in einem inneren Dialog zu reflektieren sowie im Anschluss zu diskutieren.

Ich freue mich darauf, mit allen Teilnehmer*innen des Workshops einen Raum zur Exploration und zum Austausch zu kreieren und hoffe, mit der praktischen Vorstellung meines Arbeitsansatzes inspirierende Impulse zu setzen, die ins neugierige Erforschen und mutige Erfahren führen und den Austausch und Diskurs zum Thema der Tagung bereichern.

VITA: Jurij Vasiljev (St. Petersburg) - www.jurijvasiljev.com

  • Professor für Bühnensprechen an der Staatlichen Akademie der Bühnenkünste St. Petersburg
  • Ordentliches Mitglied der Petersburger Akademie der Wissenschaften und Künste
  • Schauspielstudium an der Staatlichen Hochschule für Theater, Musik und Kinematographie in Leningrad; Schauspieler im A. S. Puschkin-Schauspielhaus in Pskow
  • Promotion im Fach Phonetik, Bühnensprechen und Rezitation
  • seit 1976 Lehrtätigkeit im Fach "Bühnensprechen", daneben Schauspieler an Theatern in Petersburg
  • Regiearbeit bei über 70 Inszenierungen in Russland, Europa und Asien
  • seit 1989 Workshops und Meisterklassen an Schauspielschulen und Universitäten bspw. in Zürich, Wien, Leipzig, München, Hamburg, New York, Helsinki, Stuttgart, Shanghaj, Berlin, Sofia und Prag
  • Autor von Lehrbüchern und zahlreiche Artikel, die in Russland, Deutschland, in der Schweiz und in China erschienen sind

ABSTRACT WS_05: RHYTHMUS UND STIMME, DIKTION, KÖRPER

Rhythmen durchdringen unser ganzes Sein und strukturieren unser Leben. Rhythmen in der Kunst sind ein künstlerisches Geheimnis und großartiges Phänomen. Folglich müssen sie im Prozess des Formens einer ausdrucksstarken Stimme bestimmend werden (Klanglichkeit, Natürlichkeit – Persönlichkeit und Timbre), Virtuosität der Diktion (Beweglichkeit des Artikulationsapparates, Fülle des Sprech-Tönens und Dynamik der Muskelarbeit), Plastizität des schauspielerischen Körpers (Durchlässigkeit, Handlungskraft und Sinngebung). Mit diesem Ziel wird im Training ein spezieller Zyklus von Übungen vorgestellt.

РИТМ И ГОЛОС, ДИКЦИЯ, ТЕЛО

Ритмы пронизывают все наше бытие и направляют нашу жизнь. Ритмы в искусстве – художественная тайна и великий феномен. Необходимо, чтобы онстановился определяющим в процессе формирования выразительного голоса (его звучности, естественности и тембровой окраски), виртуозности дикции (подвижности артикуляторного аппарата, объемности речевого звучания и динамизма мышечных усилий), пластичности актерского тела (свободы, действенности, осмысленности). С этой целью на тренинге представляется специальный цикл тренировочных упражнений.

VITA: Steffi Hofer (Wien)

  • Universitätsprofessorin an der Musik und Kunst Privatuniversität der Stadt Wien (Abteilung Schauspiel und Musikalisches Unterhaltungstheater), Dipl. Sprechwissenschaftlerin, Klinische Sprechwissenschaftlerin
  • Forschung am Institut für Wissenschaft und Forschung der MUK zu Zusammenhängen zwischen Sehen und Sprechen mit dem Forschungsschwerpunkt: Kontakt im Raum

ABSTRACT WS_06: Der Blick, der Atem und das Sprechen

Die ersten Antworten dazu fand ich in der Eyebody Methode®, welche ich seit 2014 in meine sprecherzieherische Arbeit integriere. Parallel dazu bestätigt die Arbeit mit der Talmi Methode® ebenso meine These: dass die Art und Weise, wie wir sehen das Sprechen wesentlich beeinflusst. Seit 2018 arbeite ich als certifizierte Talmi® Behandlerin. Aus meiner Sicht ist für die Sprecherziehung von Interesse, dass der Sehvorgang entsprechend des benutzten Sehfeldes (eng/ weit) scheinbar an unserer physischen Bereitschaft zur Kontaktaufnahme beteiligt ist. Gleichzeitig beeinflusst der Sehvorgang intrapersonelle Räume und damit verbunden Atem- und Resonanzräume, die Vorstellungskraft, Artikulation, unsere Reaktionen und damit unsere Präsenz.

VITA: Julia Kiesler (Bern)

  • Dr. phil., Dozentin für das Fach Sprechen im Studienbereich Theater der Hochschule der Künste Bern, Dipl. Sprechwissenschaftlerin
  • Studium der Sprechwissenschaft an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
  • 2002-2005 Sprecherzieherin an der Hochschule für Musik und Theater "Felix Mendelssohn-Bartholdy" Leipzig sowie wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Sprechwissenschaft und Phonetik der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
  • 2012 bis 2017 Forschungsdozentin an der HKB, Leitung des Forschungsprojekts "Methoden der sprechkünstlerischen Probenarbeit im zeitgenössischen deutschsprachigen Theater"
  • künstlerisch als Sprecherin aktiv, u. a. mit dem Berner Symphonieorchester

ABSTRACT WS_07: Methodische Aspekte des chorischen Sprechens

Der Workshop beleuchtet verschiedene methodische Aspekte des «chorischen Sprechens». Mittels ausgewählter Übungen zur Gruppenkonstitution und zur Sensibilisierung der Wahrnehmungsfähigkeit schaffen wir zunächst die Voraussetzung dafür, dass ein Chor eine gemeinsame Gedanken-, Körper- und Sprechspannung aufbauen kann. Anschließend untersuchen wir Möglichkeiten der chorischen Textgestaltung. Im Zentrum steht das Ausprobieren unterschiedlicher chorischer Formen, vom synchronen Sprechen bis hin zum Wechsel von Einzelstimmen und Stimmgruppen. Zugleich trainieren wir das musikalische Sprechdenken und Hörverstehen. Wir rhythmisieren und instrumentieren einen kurzen ausgewählten Text und erarbeiten uns auf diese Weise eine Partitur. Auf der Suche nach einer gemeinsamen Motivation und Sprechabsicht loten wir das Spannungsverhältnis von individuellem und kollektivem Sprech- und Körperausdruck aus. Zudem binden wir den Sprechchor in unterschiedliche räumliche Varianten ein. Wünschenswert wäre ein Austausch über die Erfahrungen der Teilnehmenden mit Sprechchören.

Kaffeepause in der Cafeteria Burse zur Tulpe (nebenan)

CONFERENCE DINNER

Das Conference Dinner findet im "Krug zum grünen Kranze" (Talstrasse 37, 06120 Halle (Saale)) statt. Der Aufpreis beträgt 30 Euro (exkl. Getränke) und kann bei einer Anmeldung zu den Sprechkunsttagen bis zum 15.August 2022 gebucht werden. Folgende Speisen werden gereicht:

 

Rucola mit Grana Padanohobeln und süßen Cherrytomaten

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Tomatensalat mit roten Zwiebeln und kalt gepresstem Olivenöl

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Gurkensalat mit Dill-Sahne

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Hausgemachter Kartoffel-Endiviensalat

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Fischvariation mit Blattspinat

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Mediterranes Pfannengemüse

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nussig duftender Basmatireis

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Bratkartoffeln (vegetarisch)

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Kleine Rostbrätel mariniert mit Knoblauch-Kräuter-Marinade

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verschiedene Grilldips und ein Brötchensortiment

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gratinierte Tomaten mit Gouda mittelalt

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kleine Rindersteaks

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Ofenkartoffel mit Kräuterschmand

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Erdbeer Panna Cotta mit Minze

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Obstplatte mit einheimischen und exotischen Früchten der Saison

MITTWOCH 21.09.2022

VITA: Susanne Voigt-Zimmermann (Halle)

  • Prof. Dr. phil. habil., Professorin für Sprechwissenschaft und Phonetik an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Dekanin der Philosophischen Fakultät II
  • Dipl. Sprechwissenschaftlerin und Klinische Sprechwissenschaftlerin,
  • 1986 - 1990 Studium der Sprechwissenschaft, Germanistik und Literaturwiss. an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
  • 1988 - 1994 Sprecherziehung am Theater Rudolstadt und Theaterhaus Jena
  • 1990 - 2001 Wiss. Mitarbeiterin und Klinische Sprechwissenschaftlerin am Institut für Phoniatrie und Pädaudiologie, Univ.-HNO-Klinik der Friedrich-Schiller-Universität Jena
  • 1998 Promotion zur Dr. phil., Thema: „Untersuchungen zu quantitativen Stimmmerkmalen bei hörgestörten und normal hörenden Kindern“
  • 2001 - 2011 Wiss. Mitarbeiterin an der Abteilung Sprechwissenschaft und Sprecherziehung, Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
  • 2011 - 2017 Wiss. Mitarbeiterin an der Univ.-Klinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde, Medizinische Fakultät der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Forschungsbereich "Laryngologische Forschung"
  • 2016 Habilitation und Venia legendi für Sprechwissenschaft und Phonetik

ABSTRACT: Facetten der Stimmfunktionstherapie bei stimmkünstlerischen Berufsgruppen

Für (sprech-)stimmintensiv tätige Menschen vor, hinter und auf der Bühne gelten besondere stimmliche Herausforderungen und Bedingungen bei der stimmkünstlerischen Berufsausübung. In keinem anderen sprechintensiven Beruf wird der individuellen Stimme einerseits so dermaßen stark Aufmerksamkeit zuteil, wird sie kultiviert, bewertet und taxiert, als Ware und Wert gehandelt, und gleichsam stark gefordert, oft überstrapaziert und oftmals sogar zugrunde geschunden. Ebenso muss in sprechkünstlerischen Berufen von ganz spezifischen, oftmals auch psychoemotionellen Faktoren bei der Entstehung und Aufrechterhaltung von Stimmproblemen und Stimmstörungen ausgegangen werden. Darauf muss die Stimmtherapie Rücksicht nehmen und gleichsam abzielen. Der Vortrag nimmt verschiedene übende und korrektive Konzepte wissenschaftlich „ins Visier“ und diskutiert deren stimmprophylaktische und -rehabilitatorische Potentiale, insb. aus sprechwissenschaftlicher Sicht.

VITA: Ines Bose (Halle)

  • Prof. Dr. phil. habil., Professorin in der Abteilung Sprechwissenschaft und Phonetik der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Dipl. Sprechwissenschaftlerin
  • Mitglied des akademischen Senats der MLU
  • Studium der Sprechwissenschaft in Verbindung mit Germanistik an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
  • Promotion 1989 mit einer Arbeit zur phonetischen Erforschung frei gesprochener Sprache
  • Habilitation 2003 mit einer Arbeit zum Sprechausdruck in kindlicher Spielkommunikation
  • seit 2003 regelmäßige Fortbildungstätigkeit in Radio und Fernsehen

Forschungs- und Publikationsschwerpunkte:

  • Entwicklung kindlicher Kommunikationsfähigkeiten
  • Medienrhetorik / Medienästhetik
  • Phonetische und rhetorische Gesprächsforschung

ABSTRACT: Künstliche Stimmen: Identifikation und Befremdung

Seit jeher haben Menschen sich dafür interessiert, Stimmen künstlich zu verändern oder sogar gänzlich zu erschaffen, sei es mithilfe der Persona des antiken Theaters, mit der "Sprechmaschine" von Wolfgang Kempelen im 18. Jahrhundert bis hin zum japanischen Popstar-Hologramm Hatsune Miko. Inzwischen umgeben uns künstlich optimierte, veränderte oder erzeugte Stimmen überall und beeinflussen unsere Kommunikation, im (Arbeits-)Alltag im Umgang mit Sprachassistenzsystemen ebenso wie im Kunsterlebnis im Kino oder auf der Bühne.

Zum Phänomen dieser sog. "körperlosen" oder "ortlosen" Stimmen wird aktuell ein reger Diskurs geführt. Es ergeben sich neue Perspektiven auf das Konzept "Stimme" in den aufführenden Künsten ebenso wie in Kultur- und Theaterwissenschaft, in Philosophie und Medienwissenschaft, aber auch in Sprechwissenschaft und Sprecherziehung:

  • Ist unsere selbstverständliche Erfahrung, dass eine Stimme immer sowohl auf die Persönlichkeit als auch auf die Körperlichkeit der Sprecher*innen verweist, angesichts von computergenerierten Stimmen mindestens zu überdenken?
  • Haben künstliche Stimmen wie die von ALEXA oder SIRI eine Identität, laden sie zur Identifizierung ein, und falls ja, mit wem eigentlich?
  • Was wird aus dem Konzept „Authentizität“, wenn in Audio- und Videoaufnahmen nachträglich Äußerungen ergänzt werden können, die Sprecher*innen (so) nie gesagt haben?
  • Was sind unsere auditiven Analysefähigkeiten zum Klang der Sprechstimme noch wert angesichts von Künstlicher Intelligenz, die anhand enormer Datenmengen Indizien für stimmliche Musterhaftigkeit und Individualität errechnen und technisch nachbilden kann?

Im Vortrag wird dieser Diskurs aufgegriffen und kommentiert sowie anhand von Beispielen künstlicher Stimmen aus Geschichte und Gegenwart illustriert.

VITA: Sven Grawunder (Halle)

  • seit 05/2022 Prof. Dr. phil., Professor für “Sprechwissenschaft mit dem Schwerpunkt Phonetik” an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
  • 2018-2022 Professor für “Phonetik und Sprachdokumentation” an der Goethe-Universität Frankfurt am Main
  • 2016-2018 wissenschaftlicher Mitarbeiter im Bereich Phonetik des Instituts für Skandinavistik, Frisistik und Allgemeine Sprachwissenschaft, CAU zu Kiel
  • 2005 bis 2015 Mitarbeiter, ab 2015 Gastwissenschaftler am Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig (Abt. Linguistik; Abt. Primatologie; Abt. Verhaltensökologie)
  • 2005 Promotion zur Stimmproduktion im südsibirischen Kehlgesang

Forschungs- und Publikationsschwerpunkte:

  • Prozesse sprecherisch-sprachlichen Wandels
  • Physiologie und Akustik extramodaler Stimme
  • vergleichende Stimmforschung

ABSTRACT: Von der Gewissheit der Variation zur Ungewissheit der Standards

Während Variation über Lebenszeit spürbar und beobachtbar ist, ist sie aber zumeist weniger gut vorhersehbar, oder etwa doch? Variation ist Grundbestandteil und Konstante der menschlichen Sprache als dynamisches, komplexes und adaptives System. Die emergenten Strukturen von Verhalten resultieren dabei zum Teil aus der gegenseitigen Orientierung der Agenten aneinander. Dieser entspringt wiederum zum Teil das momentane Bedürfnis einer semantischen Ordnung und eines normativen Gerüsts von Handlungsorientierungen. Wie wandelbarer Standard im Detail als permanente Aushandlungen über Standards gefasst werden kann ist Gegenstand dieser Überlegungen.

VITA: Eva Maria Gauß (Marburg)

  • Wissenschaftliche Mitarbeiterin und Doktorandin an der Universität Marburg, Dipl. Sprechwissenschaftlerin
  • Studium der Philosophie und Theaterwissenschaft (Magister) in Bielefeld, Wien, Leipzig
  • Studium der Sprechwissenschaft an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
  • 1996- 2006 freie (Körper-)Theaterproduktionen in den Bereichen Schauspiel, Dramaturgie & Regie mit zahlreichen internationalen Auftritten
  • seit 2006 Lecture-Performances als "performative Sinnerfassungsmaßnahmen" (auch unter dem Double-Namen "Petra Lum")

VITA: Volkhild Klose (Leipzig)

  • Dipl. Sprechwissenschaftlerin
  • Studium der Sprechwissenschaft an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
  • 2012-2013 Dozentin für Stimme und Sprechen an Berufsfachschule "Schauspiel München"
  • 2013-2018 Dozentin für Stimme und Sprechen an der Akademie für Darstellende Kunst Bayern
  • sprechtechnische Beratung, Konzeption und Erprobung von Sprechchören am Theater Regensburg
  • seit 2018 Mitglied im Promotionsstudiengang "Sprache-Literatur-Gesellschaft"
  • 2019 - 2021 Lehrkraft für besondere Aufgaben am Seminar für Sprechwissenschaft und Phonetik
  • seit 2021 Lehrbeauftragte an der MLU, Uni Leipzig und der Hochschule für Musik Carl Maria von Weber Dresden

ABSTRACT: Kunst beforschen – aktuelle Forschungsprojekte mit sprechwissenschaftlicher Perspektive

Wie sieht die aktuelle Praxis der darstellenden Kunst in der Ausbildung und im Berufsalltag aus? Diese Frage beschäftigt nicht nur die Theaterwissenschaft. Auch sprechwissenschaftlich ausgerichtete Forschungsprojekte mit unterschiedlichen interdisziplinären Ausrichtungen widmen sich der Untersuchung der (sprech)künstlerischen Praxis. Im Vortrag werden drei Forschungsprojekte von Sprechwissenschaftlerinnen vorgestellt, die sich in ihren Dissertationen mit unterschiedlichen Aspekten der künstlerischen Praxis befassen.

Eva-Maria Gauß untersucht empirisch (ethnografisch und qualitativ), ausgehend von der philosophischen Anthropologie Helmuth Plessners, Sprechbildungsansätze in der Ausbildung von Schauspieler*innen. Es wird dabei der Ansatz einer fokussierten Videografie verfolgt. Im Sprechen greifen körperliche und geistige Tätigkeiten ineinander. Verschiedene Pädagogiken im Rahmen institutionalisierter Schauspielausbildung konkretisieren dazu Körperkonzepte sowie die kommunikative menschliche Grundsituation, um einen Zugriff auf das leibliche Lernen zu bieten. Die Arbeit hat zum Ziel, über eine Analyse der Praxis zur Theorie innerhalb der Sprechwissenschaft beizutragen und versteht sich darüber hinaus als sprechwissenschaftlicher Beitrag innerhalb einer interdisziplinären Anthropologie. Sprechbildnerisches Praxiswissen kann als kollektiv formulierte Phänomenologie aufgefasst werden und ist anderen Diskursen zugänglich zu machen.

Volkhild Klose forscht mit ihrer Dissertation zum Thema "Impulsfähigkeit als Kernkompetenz in der sprecherzieherischen Ausbildung für Schauspieler*innen". Impulsfähigkeit, Durchlässigkeit und Präsenz sind Begriffe für einen Komplex an schauspielerischen Schlüsselkompetenzen, die alle ausbildungsrelevanten Bereiche wie Körperarbeit, Sprechbildung, Improvisation und Rollenarbeit miteinschließen. Der Begriff "Impuls" findet als Praxisbegriff jedoch meist dann Anwendung, wenn das Nicht-Vorhandensein eines Impulses thematisiert wird und seine angenommene Folgeerscheinung - die Glaubwürdigkeit - ausbleibt. Der Impuls scheint maßgeblich an der Freisetzung spezifischer körperlicher Ressourcen beteiligt, wie z.B. Atemvolumen, Sprech- und Körperspannung und beeinflusst so Rückschlüsse der Zuschauer*innen auf den intentionalen Gehalt. Was aber ist das eigentliche Wesen eines Handlungsimpulses? Welche kognitiven, biologischen und sozialen Funktionen lassen sich mit ihm assoziieren - und auf welche Weise muss dieser Begriff vor dem Hintergrund einer modernen Schauspielausbildung gedacht werden? In der geplanten Forschungsarbeit soll über einen interdisziplinären theoretischen Zugang sowie die Erhebung von Gesprächsdaten eine Theorie zur Entstehung von Sprechhandlungsimpulsen im theatralen Kontext entworfen werden. Dabei soll auch der Frage nachgegangen werden, ob und wie die sprecherzieherische Ausbildung für Schauspieler*innen auf die Veränderung zeitgenössischer Spiel- und Sprechstile reagieren soll.

Kaffepause in der Cafeteria Burse zur Tulpe (nebenan)

ROUNDTABLE | Theatrales Sprechen – Anforderungen, Zeitgeist, Perspektiven

Wir wollen u. a. folgende Themen diskutieren:

  • Wie breit müssen Sprecherzieher*innen heute aufgestellt sein (hochspezialisiert vs. vielfältig)?
  • Was erwarten Studierende von diesem Beruf?
  • Was macht den Beruf aus ihrer Sicht wichtig?
  • In welche Richtung geht dieser Beruf in Zukunft resp. Bestandsaufnahme in der Gegenwart
  • Zunahme von Lehraufträgen vs. Abnahme von festen Stellen
  • Bei Stelleninhaber*innen Tendenz Schauspieler*innen statt Sprecherzieher*innen
  • Was können Hochschulen (akademische Ausbildung von Sprechwissenschaftler*innen) leisten?

VITA: Sophia Güttler (Halle)

  • Lehrbeauftragte an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg in Sprechbildung für Studierende der Sprechwissenschaft und an der Schauspielschule Ernst Busch Berlin im Fach Sprechen
  • seit 2009 staatl. anerkannte Atem-, Sprech- und Stimmlehrerin im Konzept Schlaffhorst-Andersen – Arbeitserfahrungen in Gemeinschaftspraxen in Stuttgart (FON-Institut Ariane Willikonsky) und Dresden (Praxis Auerswald)
  • Studium der Sprechwissenschaft an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg mit B.A. 2019 „Sprecherziehung für Schauspieler:innen im nichtdeutschen Sprachraum – am Beispiel des Nationaltheaters Radu Stanca Sibiu Rumänien“; derzeit Masterstudium
  • seit Studium Kurse und Einzeltrainings in Sprechbildung / Sprecherziehung; u. a. seit 2018 mit Schauspieler:innen an der Deutschen Abteilung am Teatrul National Radu Stanca, Sibiu (Rumänien); seit 2020 Synchronweiterbildung Yellow Dubmarin, Berlin; Selbstständigkeit mit Realisierung von Projekten als Sprecherin, Schauspielerin und Regisseurin

VITA: Christiane Heinrich (Hannover)

  • Professorin für Sprecherziehung im Bereich Schauspiel an der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover, Schauspielerin, staatlich geprüfte Atem-, Sprech- und Stimmlehrerin, Sprechtrainerin, Schauspielerin
  • Schauspielstudium an der Hochschule für Musik und Theater "Felix Mendelssohn-Bartholdy" Leipzig – Engagements am Staatsschauspiel Dresden und bei verschiedenen Film- und Fernsehproduktionen
  • 1991 Preis als beste Schauspielerin beim 15. Internationalen Filmfestival in Kairo (Der Verdacht)
  • 1995 Einladung zum Berliner Theatertreffen mit Glaube Liebe Hoffnung
  • Lehrbeauftragte und Dozentin u. a. für HMT Leipzig, Deutsche POP Berlin, Theaterakademie Zinnowitz, Hochschule für Schauspielkunst Berlin und das Maxim- Gorki- Theater
  • deutschlandweit Kurse im Bereich Sprech- und Rhetoriktraining, Coaching von Theater- und Musicalproduktionen

VITA: Elisabeth Holmer (Dresden)

  • Professorin für Fächer Bühnensprechen und Szenenstudium an der Hochschule für Musik Carl Maria von Weber Dresden, Dipl. Sprechwissenschaftlerin, Sängerin
  • Studium Gesang / Gesangspädagogik und der Sprechwissenschaft an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
  • Gesangsstudium in der Meisterklasse von Prof. Marina Sandel an der HMT Hannover
  • rege Konzerttätigkeit in Deutschland, Österreich, Polen, Tschechien, Belgien, Niederlande, Südkorea sowie in den USA sowie Engagements an verschiedenen Opernhäusern und Staatstheatern
  • Mitglied des Ensembles transitplace

VITA: Viola Schmidt (Berlin)

  • Dr. phil., Professorin für Sprecherziehung und Leiterin der Fachgruppe Sprechen in der Abteilung Schauspiel der Hochschule für Schauspielkunst “Ernst Busch” Berlin, Dipl. Sprechwissenschaftlerin
  • Studium der Sprechwissenschaft in Verbindung mit Germanistik an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
  • Forschungsstudium am Institut für Sprechwissenschaft der MLU
  • 2001 bis 2003 Professorin für Sprecherziehung in der Abteilung Schauspiel der Hochschule für Musik und Theater “Felix Mendelssohn Bartholdy” Leipzig
  • seit 2016 Workshopleiterin gestisches Sprechen im Berlin Study Abroad Program der NYU Tisch School of the Arts
  • 2017 bis 2018 Gastprofessorin an der Nord Universitet Bodø in Norwegen

VITA: Regine Porsch (Parthenstein) - Moderation

  • em. Universitätsprofessorin für Sprechen / Sprachgestaltung im Institut Schauspiel an der Kunstuniversität Graz, Dipl. Sprechwissenschaftlerin
  • Studium der Sprechwissenschaft in Verbindung mit Germanistik an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
  • 1983 -2004 Sprecherzieherin für Schauspiel an der Hochschule für Musik und Theater "Felix Mendelssohn-Bartholdy" Leipzig
  • im WS 2003/04 Gastprofessur am Literaturinstitut Leipzig für Sprechen und Diktion
  • Lehre im Fach Sprechtechnik für Gesang, sprechkünstlerische Begleitung zahlreicher Inszenierungen und künstlerische Leitung von Kooperations-Projekten der Kunstuniversität Graz
  • Lehraufträge an der Karl-Franzens-Universität Graz und am Max-Reinhard-Seminar Wien
  • 2015 - 2020 Vorständin des Instituts Schauspiel der Kunstuniversität Graz

Diskussion der im Roundtable angesprochenen Themenfelder mit allen Teilnehmer*innen der Tagung.

Mittagspause zur freien Verfügung, Restaurants siehe "VOR ORT"

VITA: Annett Matzke (Wien)

  • Universitätsprofessorin für Sprachgestaltung am Max-Reinhardt-Seminar Wien, Universität für Musik und darstellende Kunst, Stellvertretende Institutsleiterin Max-Reinhardt-Seminar, Dipl. Sprechwissenschaftlerin, Logopädin
  • 2 Jahre Schauspiel-Studium an der Hochschule für Schauspielkunst "Ernst Busch" Berlin
  • Studium der Sprechwissenschaft in Verbindung mit Germanistik an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
  • 1993-2004 Künstlerische Mitarbeiterin im Fach Sprecherziehung an der Hochschule für Musik und Theater "Felix Mendelssohn Bartholdy" Leipzig
  • Aus- und Fortbildungsseminare für Logopäd*innen, Pädagog*innen, Theaterschaffende in Österreich und Deutschland; Einzelcoaching
  • ständige Referentin beim "Wiener Symposium zur Sänger- und Schauspielerstimme"
  • Vorstandsstellvertreterin der Ständige Konferenz Schauspielausbildung (SKS); Dozentin des Masterstudiums NAIP in Island und Niederlande

VITA: Walter Prettenhofer (Berlin)

  • seit 2014 Sprecherzieher an der Hochschule für Schauspielkunst "Ernst Busch" Berlin
  • Schauspielausbildung an der Hochschule für Musik und darstellende Kunst "Mozarteum" in Salzburg
  • Masterstudiengang Speech Communication and Rhetoric an der Universität in Regensburg
  • bis 2014 Lehrkraft an der FH JOANNEUM in Graz und an der FH Wiener Neustadt für Logopädie (Bereich Stimme)
  • Sprecherzieher am Max-Reinhardt-Seminar in Wien und an der Kunstuniversität in Graz
  • bis 2010 Logopäde am AKH in Wien mit dem Schwerpunkt Stimme und Schlucken
  • Ausbildung an der Akademie für den logopädisch-phoniatrisch-audiologischen Dienst in Wien
  • 1984 bis 2002 Schauspielertätigkeit (Volkstheater Wien, ORF Wien, THEATERmeRZ Graz)

ABSTRACT: Lachen und Weinen auf der Bühne

"Wer lacht oder weint, verliert in einem bestimmten Sinn die Beherrschung, und mit der sachlichen Verarbeitung der Situation ist es fürs erste zu Ende. […] Dem unartikulierten Schrei verwandter als der diszipliniert artikulierten Sprache steigen Lachen und Weinen aus der Tiefe gefühlsgebundenen Lebens." So schreibt der deutsche Philosoph und Soziologe Helmuth Plessner über die Ausdrucksformen "Lachen und Weinen", die "bei aller Modulationsfähigkeit weitgehend festgelegt sind in ihrem Ablauf."

Über das Lachen existiert mittlerweile eine unüberblickbare Anzahl an Literatur. Es gibt einen Wissenschaftszweig, die sogenannte Gelotologie die sich mit diesem Phänomen beschäftigt. Man kann sich dem Lachen aus philosophischer, psychologischer, medizinischer, sozial-kommunikativer und natürlich künstlerischer Sicht annähern. Im physiologischen Ablauf sind Gesetzmäßigkeiten festzustellen. In der Regel braucht das Lachen auch einen Auslöser und entfaltet erst in der Gemeinschaft anderer seine Wirkung. Es gibt die unterschiedlichsten Lachformen und Beschreibungskategorien von Lachen.

Die Vielseitigkeit des Phänomens "Lachen" spiegelt sich auch auf der Bühne wider. Dabei können sich zwei unterschiedliche Herausforderungen stellen: Wie erzeuge ich Lachen beim Publikum und wie stelle ich Lachen auf der Bühne her? Dort begegnet es uns als Ausdruck überschäumender Freude, höchster Verzweiflung, schneidenden Hohns und Spotts oder als Ausdruck von Triumph, Verlegenheit, Angst und Nervosität. Und jede dieser „Ausdrucksbewegungen“ kann eine eigene Ausdrucksform des Lachens finden. Vom Schauspiel über die Oper, die Operette, das Musical, den vielen Formen des Liedgesangs bis zu moderner Instrumentalmusik spielt Lachen eine Rolle und gehört zum unverzichtbaren Ausdrucksrepertoire der Bühnenkünstler und -künstlerinnen. In der Schauspielausbildung gibt es Ansätze, das Lachen systematisch aufzubauen und zu erlernen, um es jederzeit situationsangepasst und stimmschonend einsetzen zu können.

Der emotionale Gegenspieler des Lachens ist das Weinen, zu dem eine große Nähe besteht. Weinen ist, wie das Lachen, ein emotionaler Ausdruck, der sich durch Mimik, Körperspannung und Stimme äußert. Es ist ein Ausdruck von Schmerz, Trauer, Angst, Hilflosigkeit, aber auch der Freude. Weinen ist eine Form der Kommunikation und der sozialen Interaktion. Wie auch beim Lachen sind im Weinen physiologische Gesetzmäßigkeiten zu erkennen. Auch das Weinen ist von einem Auslöser und der Weinschwelle abhängig. Tränen sind ein wesentliches Merkmal des Weinens. Ob die Schauspieler auf der Bühne weinen können, hängt von ihrer Konzentrationsfähigkeit ab. Es gibt verschiedene Ansätze in der Schauspiellehre, den Vorgang des Weinens zu provozieren, auszulösen und wiederholbar zu machen.

Heute weiß man, dass Spiegelneuronen für Empathie verantwortlich sind. Die Tränen können im Theater fließen, wenn es die Situation erfordert, wenn die Spielpartner empathiefähig sind und das Publikum ebenso.

VITA: Viola Schmidt (Berlin)

  • Dr. phil., Professorin für Sprecherziehung und Leiterin der Fachgruppe Sprechen in der Abteilung Schauspiel der Hochschule für Schauspielkunst "Ernst Busch" Berlin, Dipl. Sprechwissenschaftlerin
  • Studium der Sprechwissenschaft in Verbindung mit Germanistik an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
  • Forschungsstudium am Institut für Sprechwissenschaft der MLU
  • 2001 bis 2003 Professorin für Sprecherziehung in der Abteilung Schauspiel der Hochschule für Musik und Theater "Felix Mendelssohn Bartholdy" Leipzig
  • 2017 bis 2018 Gastprofessorin an der Nord Universitet Bodø in Norwegen
  • seit 2016 Workshopleiterin gestisches Sprechen im Berlin Study Abroad Program der NYU Tisch School of the Arts

ABSTRACT: Mit den Ohren sehen – das gestische Sprechen an der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch

Sprechen ist Teil unseres Verhaltens. Wir sprechen aus Haltungen, die wir zu Dingen, Prozessen, Vorstellungen und zueinander einnehmen. Das gestische Sprechen geht von motivierten und intendierten Handlungen in einer konkreten Bühnensituation aus. Es wurde aus dem von Bertolt Brecht beschriebenen Begriff des Gestus entwickelt und wird an der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch als Methode fortlaufend erweitert und aktualisiert.

Ich stelle das gestische Sprechen als eine Fähigkeit vor, die sich aus der Entwicklungsgeschichte des Menschen als biologisches und soziokulturelles Wesen herleiten lässt.

Die Methode ist ganzheitlich. Körper, Atem, Stimme, Sprache, Denken, Fühlen und Verhalten werden in sich bedingenden Zusammenhängen untersucht, wahrnehmbar gemacht und verändert. Der situative Rahmen ist der spielerische Dialog, der stete Wechsel von Geben und Nehmen, von Spannung und Lösung, den wir in der Interaktion erleben.

Das gestische Sprechen nutzt unsere Fähigkeit zu kooperieren. Unser Bedürfnis, mit anderen Menschen Vorstellungen und Ideen zu teilen, indem wir uns ihnen mitteilen, ist das Herzstück dieses methodischen Ansatzes.

Es liegt ein Prinzip der Hoffnung darin, dass sich Menschen in der Kommunikation um einander bemühen.

Kaffeepause in der Cafeteria Burse zur Tulpe (nebenan)

VITA: Uwe Hollmach (München)

  • Prof. Dr. phil. habil., Dozent mit dem Schwerpunkt phonetische Lehre an der Theaterakademie "August Everding" im Prinzregententheater (Hochschule für Musik und Theater München) im Bereich Schauspiel, Dipl. Sprechwissenschaftler
  • Studium der Sprechwissenschaft und Physik an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
  • Forschungsstudium an MLU mit Abschluss der Dissertation Aufbau eines computergestützten Spektralanalysesystems für Sprachschall
  • Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Sprechwissenschaft der MLU, Arbeit am Forschungsprojekt zur Neukodifizierung der deutschen Standardaussprache
  • Habilitationsschrift zum Thema Untersuchungen zur Kodifizierung der deutschen Standardaussprache in Deutschland
  • 2004 bis 2011 Privatdozent an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, ab 2011 außerplanmäßige Professur für Sprechwissenschaft
  • 2018 Vertretungsprofessur für Sprechwissenschaft und Phonetik an der MLU

ABSTRACT: Sprachliche Transparenz bei einem interkulturellen Hintergrund in theatralen Prozessen

Die Sprache in ihrer körperlichen und lautlichen Form dient als Träger menschlicher Handlungsvorgänge, deren Entäußerungen interpretative Signale übermitteln. Die Perzipienten können dadurch Interaktionen folgen und Emotionen spiegeln, was in theatralen Prozessen mit einer gesteigerten Aufmerksamkeit geschieht. Unterliegen die sprachlichen Äußerungen interkulturellen Einflüssen durch phonetische Interferenzen oder einen körperlichen Habitus, dann werden sie auf die perzeptive Interpretation einwirken. Deren Folgen für das theatrale Geschehen wird an zwei gegenläufigen Phänomenen erklärt. In der ersten Betrachtung stehen die intentionale Absicht des Akteurs und dessen perzeptive Interpretation im Fokus. Es wird der Frage nachgegangen, inwieweit eine fremdsprachliche Überlagerung auf der prosodischen Ebene, wie die Wort- oder Satzakzentuierung, die schauspielerischen Vorgänge verändern können. Die sprachliche Ausdruckstiefe könnte hierdurch verflachen oder gar zu missverständlichen Interpretationen führen. Für die sprechwissenschaftliche Arbeit werden einige wesentliche prosodische Einflussgrößen aufgeführt. Mit diesem hier beschrieben Phänomen verwandt, aber in seiner Wirkung doch gegenläufig, zeigen sich die entäußerten Handlungsvorgänge, wenn der Schauspieler in der gedachten Sprache, also mit dem Untertext, an die Herkunftssprache anbindet, die lautliche Entäußerung jedoch ohne erkennbaren Akzent im phonetischen Standard präsentiert. Dazu wurden Studierende an der Theaterakademie mit anderen Herkunftssprachen (russisch, spanisch, portugiesisch, türkisch) gebeten, unter dieser Prämisse Geschichten und Monolog-Ausschnitte in ihrer Muttersprache sowie mit deutschem Subtext vorzutragen. An den Tonbeispielen und Videoausschnitten wird erkennbar, dass die äußere Sprache (lautlich, körperlich) den interkulturellen Hintergrund transparent wirken lässt. Für den Perzipienten entsteht dadurch der Eindruck eines interkulturellen Erlebens. Bei einigen Studierenden scheint sich zudem eine größere Ausdruckstiefe einzustellen.

VITA: Cornelia Krawutschke (Berlin)

  • Prorektorin der Hochschule für Schauspielkunst "Ernst Busch" Berlin
  • Professorin für Sprecherziehung an der Hochschule für Schauspielkunst "Ernst Busch" Berlin, Dipl. Sprechwissenschaftlerin, Schauspielerin
  • Studium der Sprechwissenschaft in Verbindung mit Germanistik an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
  • Schauspielstudium an der Hochschule für Schauspielkunst "Ernst Busch" Berlin
  • 1999 bis 2007 Professorin für Sprecherziehung an der Hochschule für Musik und Theater Hamburg
  • freischaffende Schauspielerin, Vorträge und Kurse u. a. in Berlin, Düsseldorf, Freiburg, München, Halle, Hamburg, Moskau, München, Potsdam, Weikersheim
  • Schülerin von Klaus Klawitter

ABSTRACT: Gestische Kommunikation in den Zeiten der Digitalisierung. Ein Händedruck ist mehr wert als tausend digitale Zeichen!

Das Theater ist pars pro toto Ausdruck unserer Gesellschaft. Die Bretter, die die Welt bedeuten, sind ein Ort der verdichteten, übersetzten Realität, sind ein Ort der künstlerischen Übersetzung, der künstlich geformten Essenz. Sie fungieren als ein Ort der Erkenntnis: "De te fabula naratur". Spieler als auch Zuschauer treffen sich, um gemeinsam zu handeln, Emotionen zu teilen. Alle am Geschehen Beteiligte nehmen augenblicklich wahr. Eine authentische Dialogsituation, in der es keine Zeitverschiebung, keine Übertragung, keine Schnitte, kein Hören-Sagen gibt. Sprich, damit wir Dich sehen. Hört mir zu, damit wir uns erkennen. Gestisches Kommunizieren findet statt.

Die dazu notwendige Fähigkeit, mental als auch emotional in den Dialog zu treten, Kontakt aufzunehmen, Beziehungen aufzubauen und zu pflegen ist ein Grundbedürfnis des Menschen. Es ist der Ursprung und der ewige Grund für theatralische Kommunikation: "Aber die Leidenschaft Theater zu schauen, Theater zu spielen, ist ein Elementartrieb des Menschen. Und dieser Trieb wird Schauspieler und Zuschauer immer wieder zum Spiel zusammenführen." (Max Reinhardt) Wir kommunizieren, um uns über den anderen unserer selbst zu vergewissern, wir erkennen uns im Spiegel des Anderen.

Aber stimmen Motiv und Absicht und die kommunikativen Vereinbarungen, nach denen Theater sich richtet, noch im digitalen Zeitalter? Läuft das Theater nicht Gefahr, statt ein Ort des Welten-Spiels ein Ort der Statements zu werden?

Die kommunikativen Möglichkeiten, Konventionen, Bedingungen und Fähigkeiten verändern sich rasant. Kommunikation findet indirekt und digital via Mail, WhatsApp, Facebook, Instagram und Twitter statt. Das sinnliche Wahrnehmen im kommunikativen Akt ist auf indirektes Hören und digitales Lesen reduziert, die Möglichkeit körperliche und damit emotionale Impulse zu erhalten, die ihrerseits Emotionen und Empathien hervorrufen könnten, minimiert sich. Der Körper als melancholische Verlustmasse spielt nur noch eine untergeordnete Rolle, beliebige und unverbindliche Stimmen formulieren Stimmungen. Coolness, distanzierte Freundlichkeit in der Stimme und der betont lässige, leicht unterspannte ausgestellte Störenfried namens Körper führen nette Gespräche, gespickt mit Sprachfloskeln über das Befinden. Dem digitalen Monolog weicht der analoge Dialog. Paradoxerweise findet die Digitalisierung als Monologisierung der Gesellschaft statt. Zugespitzt formuliert ist der digitale Dialog eine Contradictio in Adjecto. Schränkt die Digitalisierung die Kommunikation also ein?

So stellt sich nicht nur die Frage nach der Berechtigung von Theater, sondern zuallererst, wie wir einander verstehen, was und wie sich Beziehungen definieren? Kann die Stimme noch als Ausdruck unserer Persönlichkeit gelten? Sind wir nicht längst gespaltene Persönlichkeiten: eine digitale, die kommuniziert, und eine analoge, die einkaufen geht? Wie verändert also die Digitalisierung Kommunikation, Sprechen und Theater?

VITA: Anna Wessel (Halle)

  • Dr. des. phil., Mitarbeiterin der Abteilung Sprechwissenschaft und Phonetik an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (Schwerpunkte im Bereich Sprechkunst und Sprechbildung)
  • Studium der Sprechwissenschaft an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
  • Sprecherzieherin an der Hochschule für Musik Carl Maria von Weber Dresden
  • 2022 Promotion mit einer Arbeit zur Interaktion auf Theaterproben
  • 2022 Sprecherzieherin für das Schauspielstudio am Landestheater Linz
  • seit 2022 Sprecherzieherin am Mainfrankentheater Würzburg

VITA: Martina Haase (Halle)

  • Dr. phil., bis 2021 Wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Abteilung Sprechwissenschaft und Phonetik der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, z.Zt. Lehrbeauftragte MLU, Dipl. Sprechwissenschaftlerin
  • Puppenspielerin, 1974-77 Ensemblemitglied Puppentheater Naumburg
  • Studium der Sprechwissenschaft in Verbindung mit Germanistik an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
  • 1985 Promotion mit einem Thema zur Theaterarbeit von Bertolt Brecht
  • seit 1990 Lehre im Bereich Sprechkunst im Studiengang Sprechwissenschaft an der MLU in Halle
  • 1992 Gründung der Sprechbuehne – Regiearbeit in über 50 Produktionen www.sprechbuehne.uni-halle.de
  • nebenberuflich tätig als Sprecherzieherin für Puppenspieler, Schauspieler und Sänger an verschiedenen Theatern einschl. Regiearbeit
  • Forschungs- und Publikationsschwerpunkte im Bereich Sprechkunst/ derzeit Probenprozessforschung, zeitgenössisches deutschsprachiges Theater
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